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08.12.2016

Eichstätt, Dom - Marienglocken

Eichstätter Dom, Nordturm: Frauen-Glocke, unbezeichnet, evtl. Hermann Kessler (I), Nürnberg, 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Foto: Thomas Winkelbauer

Von den 18 Glocken des Eichstätter Doms haben 7 einen mehr oder weniger starken marianischen Bezug: 3 von ihnen tragen mit dem "Ave Maria" den "Englichen Gruß" als Inschrift, die übrigen haben entweder in der Glockeninschrift oder über eine bildliche Darstellung einen Hinweis auf die Gottesmutter. Das am 8. Dezember von der Kirche gefeierte Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria bietet einen guten Anlass diese Glocken kurz vorzustellen.

Aus Bronze gegossene Glocken sind schon relativ früh mit Inschriften versehen worden. War dies zuerst eher sporadisch der Fall, scheint sich in der Zeit des Mittelalters mit fortschreitender Gießkunst auch die Tendenz abzuzeichnen, die Glocken zumindest mit einer einfachen Inschrift zu versehen. Zu Beginn waren dies Texte mit einem eindeutig religiösen Bezug, meist abgefasst in lateinischer Sprache.

Etwa seit dem 14. Jahrhundert gab es bestimmte Glocken-Inschriften, die scheinbar recht beliebt, und damit weit verbreitet waren. Eine dieser Inschriften ist der sogenannte "Englische Gruß", der sich auf das 1. Kapitel des Lukas-Evangeliums bezieht. Dort heißt es ab Vers 28: "Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir, . . .", bzw. in lateinischer Sprache: "Ave maria, gratia plena, Dominus tecum; . . .". Aus diesen Grußworten des Erzengels Gabriel, in denen Maria die Geburt ihres Sohnes ankündigt wird, entwickelte sich im Lauf der Zeit das Angelus-Gebet, wie es heute in der Katholischen Kirche verwendet wird.

Warum gerade die Inschrift "Ave Maria, . . ." auf Glocken so weit verbreitet ist, lässt sich nicht eindeutig begründen. Vielleicht ist es der Ausdruck einer tiefen Marien-Frömmigkeit auf Seiten der Gießer oder Auftraggeber, vielleicht weist das "Ave Maria" aber auch auf die ursprüngliche Verwendung dieser Glocken hin, und speziell mit diesen Instrumenten wurden die Gläubigen zum (Angelus-)Gebet gerufen.

Interessant ist auch folgende Beobachtung: Die Glockeninschrift war für die Gießer zu Beginn wohl vor allem ein gestalterisches Element. Das würde erklären, warum frühe, meist einzeilige  Inschriften oft mitten im Satz, manchmal sogar mitten im Wort abbrechen.

Marienglocke von 1256 (Südturm)

Die Marienglocke von 1256 und die aus dem gleichen Jahr stammende Willibaldglocke sind die beiden ältesten der erhalten gebliebenen Eichstätter Domglocken.
Zusammen mit der dritten Glocke des Südturmes rufen sie die Gläubigen zum Requiem für die Verstorbenen der Dompfarrei.
Als Einzelglocke lädt sie jeweils donnerstags vor der Abendmesse zum gemeinsamen Rosenkranzgebet in den Dom ein.

Schlagton: as'

Material: Bronze

Gießer: Magister Cunrad(us) Citewar de Wircebu
Gußjahr: 1256

Durchmesser: 961 mm
Gewicht: ca. 550 kg

Inschrift:
auf der Schulter:   + ME • RESONANTE • PIA • POPVLI • MEMOR • ESTO • MARIA • CVNRADV˜

Eichstätt, Südturm des Domes, Marienglocke von 1256

Marienglocke von 1299 (Südturm)

Die Marienglocke von 1299 gehört zu den ältesten der Eichstätter Domglocken.
Zusammen mit den beiden anderen Glocken des Südturmes ruft sie die Gläubigen zum Requiem für die Verstorbenen der Dompfarrei.
Als Einzelglocke lädt sie jeweils samstags vor der Abendmesse zum gemeinsamen Rosenkranzgebet in den Dom ein.

Schlagton: g'

Material: Bronze

Gießer: Meister S(ifridus)
Gußjahr: 1299

Durchmesser: 1.120 mm
Gewicht: ca. 900 kg

Inschrift:
auf der Schulter:
+ • A˜(n)NO • MILLE˜(sim)O • T'(re)C˜E(n)TESI˜(m)O • MIN'(us) • V˜(n)O • D'(e) • NVRE˜(m)B'(er)CH • S'(ifridus?) • ME • FVDIT • B˜(e)N(e)DICTE • MARIE • C(= et cetera?)

Frauenglocke (Nordturm)

Die Frauenglocke des Eichstätter Doms trägt ihren Namen schon seit mindestens 1875. Sie gehört zu den äußerst wertvollen Instrumenten, die aufgrund ihrer äußeren Gestaltung relativ sicher dem Nürnberger Gießer Hermann Kessler (I), dem sogenannten Meister der Feuerglocke von St. Lorenz, zugeschrieben werden können.
Als Inschrift mit dem Beginn des Englischen Grußes versehen lädt die Frauenglocke als Einzelglocke die Gläubigen zum Angelus-Gebet ein.

Schlagton: e'
Material: Bronze

Gießer: unbezeichnet, evtl. Hermann Kessler (I), Nürnberg
Gußjahr: erste Hälfte des 14. Jahrhundert

Durchmesser: 1.370 mm
Gewicht: 1.757 kg

Inschrift:
auf der Schulter:
(Tatzenkreuz) AVE (Sechsstrahlstern) MARIA (Sechsstrahlstern) GRACIA (Sechsstrahlstern) PLENA (Sechsstrahlstern) DOMINVS (Sechsstrahlstern) TECVM (Sechsstrahlstern) BENEDICTA (Sechsstrahlstern) TV (Sechsstrahlstern) ITN(=in) (Sechsstrahlstern) MVLIERIBV (auf dem letzten V: Sechsstrahlstern)

Eichstätt, Nordturm des Domes, Frauenglocke aus dem frühen 14. Jahrhundert

Die Klag (Nordturm)

Die "Klag", auch "Klag-Glocke" genannt, ist die mit Abstand kleinste der Eichstätter Domglocken. Sie wird ins frühe 14. Jahrhundert datiert und stammt vermutlich aus der gleichen Werkstatt, wie die Frauenglocke.
Die "Klag" wird nur als Einzelglocke verwendet und versieht da Ihren Dienst als Totenglocke für die Verstorbenen der Dompfarrei, und das schon seit mindestens 1875.

Schlagton: a''
Material: Bronze

Gießer: unbezeichnet, evtl. Hermann Kessler (I), Nürnberg
Gußjahr: erste Hälfte des 14. Jahrhundert

Durchmesser: 560 mm
Gewicht: ca. 125 kg

Inschrift:
auf der Vorderseite der Schulter:
(Tatzenkreuz) AVE • MARIA • GRACIA • PLENA • DOMINVS • TECVM • BENE

Eichstätt, Nordturm des Domes, Klag-Glocke aus dem frühen 14. Jahrhundert

Marienglocke, um 1500 (Nordturm)

Diese Glocke war bis zu dessen Umgestaltung im Jahr 1956 Bestandteil des Glockenensembles der Ingolstädter Münsterpfarrkirche. Da in diesem Geläute zwei zwar im Charakter recht unterschiedliche, in der Tonhöhe aber nahezu identische Glocken hingen, vermittelte der damalige Glockensachverständige Johannes Schlick das wertvolle Instrument an das Eichstätter Domkapitel.
Von 1975 war diese Glocke dann auch Teil des Hauptgeläutes des Eichstätter Domes, bis sie im Jahr 2002 auf Initiative des inzwischen verstorbenen Domkapellmeisters und Glockensachverständigen Wolfram Menschick durch die in diesem Jahr neu gegossene Bistumsglocke verdrängt worden ist. Seither bildet diese Marienglocke das musikalische Fundament eines reizvollen und eigenständigen Nebengeläutes auf dem Nordturm des Eichstätter Doms.

Schlagton: a'
Material: Bronze

Gießer: unbezeichnet, evtl. aus einer Gießhütte der Familie Glockengießer, Nürnberg
Gußjahr: um 1500

Durchmesser: 1.030 mm
Gewicht: ca. 750 kg

Inschrift:
auf der Schulter:
(Ankerkreuz) ave (Glöckchen) maria (Glöckchen) gracia (Glöckchen) plena (Glöckchen) dominvs (Glöckchen) tecvm (Glöckchen) benedicta (Glöckchen) tv (Glöckchen) in

Eichstätt, Nordturm des Domes, Marienglocke von um 1500

Marienglocke aus dem 17. Jahrhundert (Nordturm)

Diese Glocke ist die einzige aktive Barockglocke unter der Eichstätter Domglocken. Bis zu ihrer Ablieferung im 1942 war sie - vermutlich geführt unter dem Namen "Messglocke" - Teil des Kapitelgeläutes.
Nach dem Krieg kam sie zwar weitgehend unbeschädigt zurück an den Dom, wurde aber durch den damaligen Glockensachverständigen Johannes Schlick nicht mehr in das Domgeläute integriert. Erst 2002 gelang es dem Domkapellmeister und Glockensachverständigen Wolfram Menschick dieses Instrument wieder zu aktivieren. Seither bildet die Haslauer-Glocke mit drei weiteren Instrumenten auf dem Nordturm des Doms ein separates und reizvolles Nebengeläute, das vor allem bei Taufen und Hochzeiten der Dompfarrei seine Verwendung findet.
Auf der Vorderseite der Flanke dieser Glocke befindet sich ein Relief mit einer Mariendarstellung; seit ihrer Wiederaktivierung wird sie daher unter der Bezeichnung "Marienglocke aus dem 17. Jahrhundert" geführt.

Schlagton: d''

Material: Bronze

Gießer:Caspar Haslauer, Ingolstadt
Gußjahr: 1671

Durchmesser: 705 - 710 mm
Gewicht: ca. 200 kg

Inschrift:
auf der Schulter:
(Kreuzblume)
MIT GOTTES HILF VND GNAD • GOSS MICH CASPAR HASLAVER IN INGOLSTAT • MDCLXXI

Eichstätt, Nordturm des Domes, Marienglocke aus dem 17. Jahrhundert

Bistumsglocke von 2002 (Nordturm)

Die Bistumsglocke ersetzt auf Initiative des inzwischen verstorbenen Domkapellmeisters und Glockensachverständigen Wolfram Menschick seit 2002 eine um 1500 in einer Nürnberger Werkstatt gegossene Marienglocke.
Auf der Flanke dieser Glocke finden sich Abbildungen der beiden Diözesanpatrone Willibald und Walburga, sowie auf der Vorderseite eine Darstellung der Muttergottes als Schutzmantel-Madonna. Auch die Glockeninschrift, die dem Magnificat, dem Lobgesang Mariens entnommen ist, verweist auf die Gottesmutter.

Schlagton: a'
Material: Bronze

Gießer: Rudolf Perner, Passau
Gußjahr: 2002

Rippe: schwere Schillingrippe
Durchmesser: 1.010 mm
Gewicht: 771 kg

Inschrift:
auf der Schulter:
+ MAGNIFICAT ANIMA MEA DOMINUM + ET EXULTAVIT SPIRITUS MEUS IN DEO SALUTARI MEO +
auf der Rückseite der Flanke:
AD ECCLESIAE
CATHEDRALIS
USUM FACTA
SUM
+
EYSTADI
ANNO DOMINI MMI

Glockenzier: Stefan Weihergraf gen. Streit

Eichstätt, Nordturm des Domes, Bistumsglocke von 2002

Die nächsten Termine

Donnerstag, 18. April
72-Stunden-Aktion
Ort: Dekanatsgebiet Ingolstadt
Veranstalter: BDKJ Dekanat Ingolstadt
Samstag, 04. Mai
10.00 Uhr
Donnerstag, 09. Mai
10.00 Uhr
10.00 Uhr
Samstag, 11. Mai
09.30 Uhr