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20.09.2017

Geschäftemacherei oder Akt christlicher Solidarität? – Historikerin Christiane Laudage über den Ablass

Christiane Laudage bot eine sehr differenzierte Darstellung des Ablasswesens (Bild: Raymund Fobes)

Wie war das eigentlich mit dem Ablass? Diese Frage stellen sich an der Ökumene mit den evangelischen Kirchen interessierte Menschen in diesem Gedenkjahr 500 Jahre Reformation ganz besonders, war doch das Ablasswesen Stein des Anstoßes für die Kirchenspaltung.

Dass diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten ist, sondern sehr viel an historischem Hintergrundwissen dazu nötig ist, machte die Historikerin Christiane Laudage bei einem Vortrag im Canisiuskonvikt deutlich. Eingeladen hatten die Katholische Erwachsenenbildung Ingolstadt in Kooperation mit der KKV Hansa.

Tatsächlich, so machte Christiane Laudage deutlich, ging es beim Ablass ursprünglich um die Bußwerke, die die Beichtväter, vor allem aus dem iroschottischen Mönchtum, im frühen Mittelalter ihren Pönitenten zur Wiedergutmachung der Sünden vor Gott auferlegten. Diese konnten sehr drakonisch sein, liebten doch die iroschottischen Mönche das Fasten, und so wurde für schwere Vergehen den bußwilligen Sündern zuweilen bis zu sieben Jahren Wasser und Brot auferlegt. Da dies nicht zuletzt auch die Gesundheit schädigte, entwickelte sich die Möglichkeit durch Spenden andere stellvertretend fasten zu lassen – vor allem Ordensleute. Im Lauf der Zeit konnten solche Spenden zum Zweck des Abbüßens allerdings auch zum Bau von Kirchen oder Friedhöfe verwendet werden. In diesem Zusammenhang kam der Begriff Ablass auf.

Eine weitere Entwicklung tat sich auf, als sich in der Theologie mehr und mehr die Lehre vom Fegefeuer, dem Reinigungsort vor der Aufnahme in den Himmel,  entwickelte. Da nun wurden die Ablässe im Kontext der zeitlichen Sündenstrafen in diesem Fegefeuer gesehen. Gleichzeitig entdeckte das Vierte Laterankonzil (1215) den Ablass als Mittel der Evangelisierung. Es war die Zeit der Entstehung der Bettelorden, die durch ihre volksnahe Seelsorge sehr viel für die Glaubenserneuerung taten – allerdings auch finanzielle Unterstützung brauchten. So wurde die Möglichkeit geboten, zur Tilgung der zeitlichen Sündenstrafen diese Orden zu unterstützen. Ein wichtiger Nebeneffekt dieser Ablasspraxis war, dass es dadurch zu einer tieferen Beziehung zwischen den Bettelorden und den anderen Christen kam, die ebenfalls der Glaubenserneuerung zugutekam.

Mit Ablässen wurde im hohen Mittelalter auch die Hilfe bei Katastrophen finanziert, ebenfalls der Brückenbau, der gerade wegen des hohen Pilgeraufkommens in dieser Zeit wichtig war, so dass die Pilger sicher ans Ziel kamen. Aus dieser Perspektive war der Ablass auch ein Akt der Solidarität mit anderen Menschen. Christiane Laudage zog einen Vergleich mit dem Spendenwesen heute und verglich die zwar eher weltliche Spendenquittung fürs Finanzamt mit der Spendenquittung für die Ewigkeit beim Ablass.

Eine völlig neues  Konzept des Ablasses nur wenige Jahre vor dem Beginn der Reformation leistete Kardinal Raimund Peraudi. So führte er den vollständigen Ablass für die Lebenden ein, den Ablass für die Verstorbenen, den Ablassbrief für die Todesstunde und schließlich das Teilhabe an den geistlichen Gaben der Kirche. Tatsächlich handelte es sich hier um eine Vollkaskoversicherung für die Ewigkeit, gleichwohl war aber trotzdem auch im Vorfeld ernsthafte Reue von Nöten. Ebenfalls hatte der Ablassbrief für die Todesstunde einen Pferdefuß:  Solche Briefe wurden ungültig, wenn eine neue Ablasskampagne startete.

Genau mit einem derartig konzipierten Ablass wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts Martin Luther konfrontiert. Es ging um die Finanzierung der Peterskirche und in Luthers Gefilden wirkte der Dominikaner Johann Tetzel, ein so Christiane Laudage zwar talentierter Prediger, der allerdings auch sehr eitel war.

Später wurde Tetzel zum Bauernopfer für das Ablasswesen, dem übrigens auch nicht wenige Bischöfe skeptisch gegenüberstanden, die dann die 95 Thesen Luthers positiv aufnahmen.

Einen interessanten Hinweis gab die Referentin noch während der kurzen Diskussion nach ihrem Vortrag: Es war nicht so, dass den armen Leuten durch das Ablasswesen der letzte Pfennig aus der Tasche gezogen wurde, man fand da schon auch barmherzige Lösungen. Gleichwohl fand mit dem Trienter Konzil die Verquickung von Geld und Ablass ihr Ende, der Ablass wurde gründlich reformiert.

Text und Bild: Raymund Fobes

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