Zum Inhalt springen
02.12.2023

Der Seele eine Heimat geben – Tipps zum gelingenden Leben mit P. Christoph Kreitmeir in St. Salvator Unsernherrn

P. Christoph Kreitmeir: Sich in der Unbehaustheit uind Heimatlosigkeit Zeiten der Ruhe gönnen (Bild: © Raymund Fobes)

Fast 60 Gäste waren zu dem Vortrag gekommen. (Bild: © Raymund Fobes)

Albert Schneider (re.), Leiter des Seniorenkreises St. Salvator, dankt dem Referenten

Franziskaner sind nicht ortsgebunden. Nach einer Versetzung in ein anderes Kloster machte P. Christoph Kreitmeir die Erfahrung, ein Stück Heimat zu verlieren. Und daraus ist ein Buch entstanden mit dem Titel „Der Seele eine Heimat geben“. Der Buchtitel war auch das Thema seines Vortrags im Pfarrstadel der Pfarrei St. Salvator in Ingolstadt Unsernherrn.

Eingeladen hatte der Seniorenkreis in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung, und gekommen waren fast 60 Gäste, die durch die interessanten und Lebensfreude fördernden Gedanken des Klinikseelsorgers wieder neu bereichert wurden.

Viele Jahre lang war P. Christoph Seelsorger in der von den Franziskanern betreuten Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, dann wurde er nach Fulda in Hessen versetzt, und sehnte sich nach seiner bayerischen Heimat. Dann der Wechsel als Klinikseelsorger nach Ingolstadt und wieder in sein Heimatbistum Eichstätt, war er doch in Eichstätt aufgewachsen. Aber dieses Eichstätt heute, so musste er feststellen, war nicht mehr das, das er in seiner Kindheit kannte, das ihm damals Heimat gegeben hatte.

Dies war eine von vielen Erfahrungen von Heimatlosigkeit. Andere, so der Franziskaner, machen die Erfahrung, dass eine Kirche, die für sie Lebensmittelpunkt war – die Kirche im Dorf – weggerissen wird. Oder dass nach mehr als 50 Jahren der Ehepartner stirbt und einer allein überlebt.

Aber ist es auch in einer solchen Erfahrung von Heimatlosigkeit trotzdem möglich, Heimat zu finden? P. Kreitmeir zeigte Wege dorthin auf. So ist es hilfreich, die eigenen Sehnsüchte nach mehr Sinn und Glück im Leben wach zu halten. Solche Sehnsucht ist der Motor des Lebens, und wer sie nicht mehr hat, der ist im Leerlauf.

Doch Heimatlosigkeit, der Verlust von Vertrautem, schafft auch eine Ungeborgenheit, die Sorgen und Angst auslöst. Hier ist es hilfreich die eigene Regie zu behalten und sich nicht von dieser Angst beherrschen lassen. Da ist es möglich,  auch in der Krise, Chancen zu entdecken, wie bei der Taxifahrerin, die in Coronazeiten kaum Umsätze machte und dann auf einer Parkbank mit einer alten Dame ins Gespräch kommt. Diese ist schon der Verzweiflung nah, weil sie niemand findet, die für sie Einkäufe erledigt. Die Taxifahrerin sagt zu und baut sich auf diese Weise in der Coronakrise eine neue Existenz auf – eine Win-win-Situation, wie P. Kreitmeier deutlich macht. Die Taxifahrerin hilft Menschen in einer Notlage weiter und verdient selbst so viel Geld, dass sie in der Branche überleben kann.

Was allerdings sehr kontraproduktiv ist im Zustand der Unbehaustheit, ist, ungeduldig zu sein. Gerade in einer Zeit, in der alle hetzen, jeder auf dem Handy erreichbar sein soll und viele auch selbst das Handy rund um die Uhr nutzen, braucht es Orte und Zeiten, um zur Ruhe zu kommen. Doch, so beklagte P. Kreitmeir, gebe es immer weniger Rückzugsorte, weil an so vielen einstmals ruhigen Orten permanent durch mobile Telefonate diese Ruhe gestört wird.

Ein Grund für das ewige Gehetze in unserer Zeit ist auch, dass für viele die Maxime gilt: „Zeit ist Geld“, denn ebenso ist ein zentrales Lebensmotto: „Haste was, dann biste was“. Und „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Dem stellte P. Kreitmeir entgegen: „Müßiggang ist aller Kreativität Anfang“, und erinnerte daran, dass Musikergenie Ludwig van Beethoven seine großen Werke komponierte, nachdem er sich nach langen Spaziergängen von der Natur inspirieren ließ.

Und, das weiß der erfahrene Seelsorger am Ingolstädter Klinikum auch: Wer Geduld gelernt hat, tut sich leichter bei einem Krankenhausaufenthalt. Das beginnt schon bei der Notaufnahme, wo Patienten mitunter bis zu neun Stunden Wartezeit einplanen müssen. Den beim Vortrag anwesenden Senioren riet er deshalb, immer einen Rucksack mit Schlafanzug und Zahnbürste bereit zu halten, denn es gehe manchmal ganz schnell, dass man ins Krankenhaus muss – und wegen der Wartezeit sollte man auch eine Brotzeit und Getränke nicht vergessen.

Und wie kann man mit der Erfahrung des Alleingelassenseins umgehen, wenn der Partner verstorben ist? Diesen Zustand, so P. Kreitmeir, sollte man bereits vorher einüben, indem man die Fähigkeit entwickelt, mit sich selbst allein zu sein, bei sich sein zu können. Und auch von einer ermutigenden Erfahrung sprach der Seelsorger: Wenn ein Partner gestorben ist, können wir ganz fest darauf vertrauen, dass er in einer anderen Dimension weiterexistiert. Der Klinikseelsorger berichtete davon, dass es durchaus vorkommt, dass Verstorbene Zeichen ihres Weiterlebens in einer anderen Wirklichkeit geben.

Allerdings ist noch eines wichtig, um an der Unbehaustheit nicht zu verzweifeln: seine Gedanken zu kontrollieren, denn diese Gedanken versuchen gern, uns zu beherrschen durch langes Grübeln oder Zwangsvorstellungen. P. Kreitmeir gab zum Schluss folgende Empfehlung: „Achte auf deine Gedanken, denn sie werden zu deinen Worten, achte auf deine Worte, denn sie werden zu deinen Gefühlen, Achte auf deine Gefühle, denn sie werden zu deinem Verhalten, achte auf deine Verhaltensweisen, denn sie werden zu deinen Gewohnheiten, achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden zu deinem Charakter, achte auf deinen Charakter, denn er wird zu deinem Schicksal, achte auf dein Schicksal, wenn du jetzt auf deine Gedanken achtest.“

Text und Bilder: © Raymund Fobes